Ich muss ja leider zugeben, dass ich im Vorfeld nur den Namen des Films kannte und dachte es ginge einfach nur um einen Mann der unter Elefantitis leidet. Fehlanzeige. Was mich dann wirklich erwartete war ein Drama der Extraklasse. Selten ging mir ein Film so sehr an die Nieren wie David Lynchs Der Elefantenmensch.
“I am not an animal! I am a human being! I…AM…A MAN!“
Regie
David Lynch
Hauptdarsteller
John Hurt als John Merrick
Anthony Hopkins als Dr. Frederik Treves
Anne Bancroft als Mrs. Kendal
John Gielgud als Carr Gomm
Wendy Hiller als Mothershead
Der Film beginnt mit Dr. Treves, der auf einem Jahrmarkt einen Stand entdeckt, der mit einem Elefantenmenschen wirbt. Treves sieht sich den extremst deformierten Menschen an und entscheidet, ihn zu untersuchen und ihm nach Moeglichkeit auch zu helfen. Gegen den Willen seines “Besitzers” behaelt Treves den kranken John Merrick im Hospital und findet heraus, dass dieser entgegen aller Erwartungen Sprechen und sogar Lesen kann. Ueberhaupt ist er sehr intelligent und seine Krankheit wirkt sich lediglich auf sein Erscheinungsbild aus.
In einer Phase der Sozialisierung lernt Merrick mit anderen Menschen umzugehen und wird mehr oder weniger zum Ehrengast des Hospitals. Doch natuerlich lockt sein Aeusseres auch Schaulustige an, sodass er bald immer oefter von jenen Heimgesucht wird, die sich an seinem Leid ergoetzen…
David Lynch hat mit seiner Verfilmung von Joseph Merricks Leidensweg einen Film geschaffen, der unter die Haut geht. Obwohl erst nach ca 30 Minuten erstmals sein Gesicht zusehen ist, fuehlt man als Zuschauer ab dem ersten Moment mit Merrick mit und es entsteht ein unwohles Gefuehl im Bauch, welches sich von Szene zu Szene weiter ausbreitet. Stellenweise fragte ich mich wirklich, wann der Film endlich zu ende sei, weil ich seine Qualen nicht weiter mit ansehen konnte. Auf der anderen Seite war ich auch entsprechend geruehrt, als Merrick vor Freude weinte und sich gluecklich fuehlte.
Sehr gut finde ich auch die dargestellten Selbstzweifel des Dr. Treves. Er fragt sich ob er Merrick besser behandle als der Schausteller dessen Attraktion er vor seinem Aufenthalt im Hospital war. Denn immerhin stellt Treves dem Leidenden auch Leute vor, von denen die Meisten im Grunde lediglich ihren Freunden und Verwandten von der Begegnung erzaehlen wollen.
Durch die Wahl des Schwarz/Weiss-Films und exzellente Ausleuchtung werden sowohl die vielen dunklen und schon fast depressiven aber auch die froehlichen und herzerwaermenden Szenen noch staerker untermalt, was den Film besonders intensiv macht. Und wenn dann schlussendlich Samuel Barbers Adagio for Strings ertoent kommen mir schon beim Gedanken an diese perfekte Kombination von Bild, Ton und Emotion die Traenen.. Hach!
Neben der wunderbaren audiovisuellen Inszenierung traegt auch John Hurts schauspielerische Leistung einen grossen Teil zur Guete des Films bei. Trotz der enormen Maske ist seine Mimik komplett natuerlich und alle Emotionen sind ganz eindeutig als solche zu erkennen. Hut ab! Auch Anthony Hopkins und der restliche Cast sind gut ausgewaehlt und spielen ihre Rollen sehr gut. Nie kam mir der Gedanke, dass eine Figur nicht authentisch sei.
Wertung
Der Elefantenmensch ist sicherlich kein Film fuer Jedermann. Und auch wenn man ihn mag, ist er sicherlich kein Film fuer Jederzeit. Ich glaube man muss wirklich in Stimmung dafuer sein. Nur welche Stimmung das ist, traue ich mich hier nicht zu definieren. Der Film ist sehr anstrengend, jedoch nicht im Sinne von Folgeschwierigkeiten, sondern eher aufgrund der moralischen Fragen, die die Protagonisten hier aufwerfen.
Zum Abschluss noch ein schoenes Zitat von John Hurt: “Well, I would say that if you could manage to get to the end of The Elephant Man without being moved…I don’t think you’d be someone I’d want to know”
Trailer [Englisch]
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Alles klar, wenn ich demnaechst mal wieder angepisst von Welt oder einfach melancholisch drauf bin werd ich mir den geben.
Jap, solltest du auf jeden Fall tun. Der lohnt sich richtig :)