Lange habe ich kein Werk so euphorisch erwartet wie Quentin Tarantinos WWII-Film Inglourious Basterds. Da war natuerlich klar, dass ich keine Kosten und Muehen scheuen werde und den Film gemeinsam mit meinen groessten Filmfreunden gucke. In der Premiere. Im O-Ton. Auf den besten Plaetzen im ganzen Saal.
Aber genug der Faselei, denn es was viel wichtigeres steht bevor. Tusch! Vorhang!
„That’s a BINGO!“
Regie
Quentin Tarantino
Hauptdarsteller
Brad Pitt als Aldo Raine
Mélanie Laurent als Shosanna Dreyfus
Christoph Waltz als Hans Landa
Eli Roth als Donny Donowitz
Martin Wuttke als Adolf Hitler
Diane Krueger als Bridget van Hammersmark
Daniel Bruehl als Frederick Zoller
Til Schweiger als Hugo Stiglitz
Anders als in den meisten WWII-Nazis-sind-die-Boesen-Filmen geht es in Inglourious Basterds nicht um das Einzelschicksal eines Opfers oder einen heldenhaften Maertyer, der Hitler toeten und das Regime stuerzen wollte. Nein, bei Tarantino geht es um einen Haufen Amerikanischer Juden, die Nazis toeten und skalpieren. Und das mit Erfolg. Doch neben den Basterds gibt es noch die Geschichte von Shosanna Dreyfus, die einst vor Hans Landa floh und nun ein Kino in Paris betreibt. Und wie der Zufall es will, soll der Propagandafilm „Stolz der Nation“ in eben diesem Kino seine Premiere feiern. Alle hohen Tiere sind anwesend, sogar der Fuehrer selbst hat den Weg auf sich genommen um die Heldentat des Frederick Zoller auf Zelluloid sehen zu koennen. Shosanna plant Rache und auch die Basterds wittern ihre Chance..
Ich weiss gar nicht recht, wo ich anfangen soll. Ich bin foermlich ueberrumpelt von diesem Film. Eines kann ich jedoch vorab sagen: Christoph Waltz hat seine Auszeichnung in Cannes fuer seine Darbietung als Hans Landa mehr als verdient. Selten sah ich einen so vielschichtigen Charakter der so ueberzeugend gespielt wurde. Da ich den Genuss hatte, das Spektakel im OTon zu erleben, bin ich gleich noch einen Spur begeisterter, denn Herr Waltz spricht tatsaechlich fliessend Deutsch, Englisch, Franzoesisch und Italienisch. Und macht dank Tarantinos Drehbuch auch von allen vier Sprachen praechtigen Gebrauch in Inglourious Basterds.
Neben Waltz brilliert auch Brad Pitt durch sein Mundwerk, denn sein Suedstaatenakzent ist bei jedem Satz eine Freude fuer die Ohren. Es mag zwar schwer fallen, das Gesprochene zu verstehen aber spaetestens, wenn er mit diesem Akzent ganz verlegen ein paar Brocken auf Italienisch von sich gibt um in seiner Rolle nicht aufzufliegen kann man nicht mehr anders als lachen. Allerdings soll Pitts Genuschel nicht das Einzige sein, ueber das man bei Inglourious Basters lachen kann. Nein, ganz typisch fuer Tarantino gibt es wieder jede Menge Dialoge und skurrile Figuren, die dem Zuschauer stets ein Laecheln ins Gesicht zaubern. Allen voran Eli Roth als Donny Donowitz der mich besonders durch seine Mimik immer wieder sehr amuesierte und zu meiner grossen Ueberraschung auch Til Schweiger. Schweiger hat zwar nur einen relativ kurzen Auftritt, aber seine Einfuehrung ins Geschehen war einfach grandios und haette besser nicht sein koennen. Ansonsten ist es auch irgendwie komisch (sowohl witzig-komisch als auch komisch-komisch) anzuhoeren, wie einige der Deutschen Probleme mit der Englischen Aussprache haben. [spoiler](In der Szene in der die Kugel aus van Hammersmarks Bein operiert werden soll war das sehr auffaellig)[/spoiler]
Der Soundtrack war wie zu erwarten klasse ausgesucht, wie man es von Tarantino kennt. Allerdings haette ich es schoen gefunden, wenn er Morricone doch noch die Zeit gegeben haette, die er brauchte um einen Score fuer den Film zu komponieren. Die Wahl, die nun fuer Inglourious Basterds getroffen wurde, steht meiner Meinung nach den anderen Filmen aus dem Hause Tarantino in nichts nach und wird daher sicher bald auch den Weg in meine CD-Sammlung finden.
Weiterhin ganz tarantinotypisch gab es natuerlich auch wieder nackte Fuesse im Film zu sehen (was diesmal sogar relativ stark zur Story beitraegt) und einen Trunkshot gab es auch. Zwar nicht wie gewohnt aus einem Kofferraum heraus, sondern aus dem Blickwinkel eines, ich nenne es mal ‚markierten‘ Nazis, aber bereits in Death Proof trennte Tarantino sich vom eigentlichen Trunk des Trunkshots und filmte statt aus einem Kofferraums heraus aus dem Motorraum eines Wagens. Andere Tarantinotypische Elemente wie die eigentlich sinnlosen aber dennoch genial unterhaltsamen Dialoge wie man sie aus Reservoir Dogs (Like a Virgin) oder Pulp Fiction (Fussmassagen) kennt, fehlen fast ganz und auch die immer wieder auftretenden Red Apple Zigaretten konnte ich nicht entdecken. Ich kann mir jedoch nicht vorstellen, dass Tarantino sein Inglourious Basterds so gestaltet hat, weil er nun auf die Spur der serioesen Filmemacher wechseln will. Denn so wie er Hitler und Goebbels darstellt kann man die beiden einfach nicht ernst nehmen. Goebbels macht stets einen auf Spasskanone und Hitler ist.. naja, eigentlich auch witzig. Aber Onkel Adolf darf man ja nicht lustig finden ;/
Ansonsten sind die Figuren auch sonst alle ziemlich gut besetzt und machen ihr Ding toll. Tarantino hat ja selbst oft gesagt, dass er fuer jede Rolle genau den gefunden hat, den er haben wollte. Und recht hat er. Lediglich Diane Kruger hat mich etwas gestoert, aber das ist dank der Charaktervielfalt durchaus zu verkraften. Ich bin generell eher ueberrascht darueber, was fuer eine gute Figur die ganzen Deutschen bzw. nicht-US Schauspieler machen, wenn man ueberlegt, dass auf den Plakaten meist mit Brad Pitt geworben wird. Keine Frage, Pitt macht sein Ding tadellos, aber durch den Trailer habe ich wohl ein falsches Bild seiner Rolle bekommen. Besonders von der Szene, [spoiler] in der Lt. Aldo Raine seinen Trupp zusammenstellt[/spoiler] habe ich irgendwie mehr erwartet nach dem Trailer. Aber was solls, der Film ist absolut klasse und ich werde ihn bald schon wieder sehen. Auch ausserhalb Tarantinos Fangemeinde scheint der Film gut anzukommen, so wurde eine Super Mario Parodie mit dem Namen Inglourious Plummers gedreht, die auf wunderbare Art und Weise das Setting ins Mushroom Kingdom versetzt, wo dann die Hauptdarsteller eben nicht mehr Brad Pitt und Co. sind sondern Mario, Luigi, Peach und Bowser.
Nachtrag 2009/08/25
Gesagt, getan. Auch nach der zweiten Sichtung bleibe ich bei meiner Meinung, dass dieser Film absolut spitze ist. Ich konnte mich diesmal auch noch mehr auf die Machart des Films konzentrieren und mir fiel auf, dass Tarantino diesmal neben der Zitierung anderer Filme auch viele Elemente aus seinen eigenen Werken wieder mit einbrachte.
So ist beispielsweise die Eroeffnungsszene in der Landa mit Monsieur LaPadite am Tisch sitzt einer Szene aus Tarantinos ’94er Film Pulp Fiction sehr aehnlich. In beiden Filmen betritt der ‚Gangster‘ in besten Wissen darueber, was er finden wird das Areal seines Opfers und spielt psychologische Spielchen mit ihm, bevor es dann richtig zur Sache geht.
Neben dieser Szene gibt es noch unzaehlige andere Verweise auf Tarantinos Filme, aber auch auf seinen Stil, der sich ueber die Jahre gepraegt hat. In allen Filmen, die Tarantino gedreht hat spielte Musik immer eine grosse Rolle. So auch in Inglourious Basterds. Zwar ist die musikalische Kulisse nicht so intensiv mit den Geschenissen Verbunden wie in anderen Filmen Die Ohrszene aus Reservoir Dogs ist untrennbar mit ‚Stuck In The Middle With You‘ verbunden. Niemand hoert ‚Jungle Boogie‘ ohne an Pulp Fiction oder an einen Quarterpounder mit Kaese zu denken. Und auch ‚Hold Tight‘ wird bei vielen Cineasten unweigerlich den Crash aus Death Proof abspielen. (Beispiele gibt es also genug.) Aber dennoch ist sie stets praesent. In Inglourious Basterds gelingt es Tarantino sogar, durch die Musik Atmosphaere zu _schaffen_ und diese nicht nur zu festigen.
Wertung
Mit Inglourious Basterds ist Tarantino wiedermal ein wirklich toller Film gelungen, der auch nicht-Fans durchaus zu begeistern weiss. Die Historiker unter den Filmguckern werden natuerlich die Faeuste gen Himmel strecken, aber um geschichtliche Richtigkeit geht es bei diesem Film gar nicht. Inglourious Basterds will auf tarantinoesque Art und Weise eine Geschichte von Rache im Krieg erzaehlen. Und das gelingt alle mal. Fuer Fans bekanntermassen ein Muss, fuer den Rest ein (zurecht) gehyptes Highlight wuerde ich sagen.
10 von 10 moeglichen Punkten
Trailer [Englisch]
Inglourious Plummers
Wirklich gute Kritik, die das Wichtigste hervorhebt.
Finde aber dass die Kruger ihren Job gut macht – nicht herausragend oder dergleichen aber „gut“, ihre Leistung wurde hier und da ja etwas angeprangert.
Schweiger hat mir ueberraschenderweise auch sehr gut gefallen. Die Einleitung war wirklich grandios – was hab ich gelacht <3
Nunja, endlich wieder ein Film, der mich so richtig umgehauen hat und verdammt es ist ein waschechter Tarantino und das ist geil!
Mh, ich werde dann morgen bei der zweiten Sichtung nochmal genauer auf Krueger achten.
Und, hat sich deine Meinung Kruger ggü geaendert?
Mhh, ne eher nicht so.
Aber vielleicht ist ihre Rolle auch nur total bescheiden und sie spielt die halt total gut :F